10. Februar 2025
5 Min

Die Folgen der Nicht-Umsetzung der CSRD im Jahr 2024

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist ein bedeutender Schritt der Europäischen Union in ihrer Sustainable Finance Strategie, um die Transparenz über Nachhaltigkeitsinformationen in Unternehmen zu verbessern. Doch was passiert, wenn diese EU-Richtlinie nicht planmäßig in nationales Recht umgesetzt wird?

Zum Jahresende 2024 ist genau dieses Szenario eingetreten. Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen und tatsächlichen Folgen der Nicht-Umsetzung der CSRD und soll Banken und deren Stakeholdern einen Überblick über die Auswirkungen geben.

Die CSRD zielt darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung von betroffenen Unternehmen in der EU zu erhöhen. Unternehmen sollen detaillierte Informationen über ihre ökologischen, sozialen und governancebezogenen Auswirkungen, Chancen und Risiken offenlegen. Diese Kriterien müssen in einer Wesentlichkeitsanalyse in einem ersten Schritt identifiziert und bewertet werden.

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist dabei nicht neu. „Vorgänger“ der CSRD ist die aktuell noch gültige Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die als CSR-Richtlinienumsetzungsgesetz (CSR-RUG) in nationalem Recht umgesetzt wurde.

Die CSRD soll die NFRD ablösen und den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen erweitern. Wie schon die NFRD ist auch die CSRD als EU-Richtlinie in nationales Recht zu überführen, um Rechtskraft in den jeweiligen Mitgliedsstaaten zu entfalten. In Deutschland sind hierfür im Rahmen eines Umsetzungsgesetzes Anpassungen im Handelsgesetzbuch, im Wertpapierhandelsgesetz und in der Wirtschaftsprüferordnung erforderlich. Die CSRD wurde am 16.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und hätte fristgerecht bis zum 06.07.2024 in nationales Recht sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten überführt werden müssen. Da diese Umsetzung in Deutschland bislang nicht geschehen ist, hat die EU das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Deutschland zählt neben Portugal, Spanien, Österreich, Niederlande, Luxemburg, Malta und Zypern zu den letzten sieben Mitgliedsstaaten der EU, die die CSRD noch nicht in nationales Recht überführt haben.[1]

[1] Vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/NIM/?uri=CELEX:32022L2464

Wie ist der Standpunkt der Bundesregierung zur Nicht-Umsetzung der CSRD?

Aktuell tragen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der CSRD zur Verunsicherung bei. Hierzu zählen insbesondere ein Schreiben der Minister Habeck, Wissing, Kukies und Heil vom 17.12.2024 sowie ein weiterer Brief von Olaf Scholz an Ursula von der Leyen vom 02.01.2025, in welchem eine Verschiebung der Berichtspflicht um zwei Jahre und eine Anhebung der Schwellenwerte für die Anwendungspflicht der ESRS vorgeschlagen wird. Konkret wird die Anhebung der Definitionskriterien eines „großen“ Unternehmens für Zwecke der Nachhaltigkeitsberichterstattung und somit die Anwendung der ESRS auf die Anwendungsgrenzen der CSDDD, somit 1.000 Arbeitnehmende und 450 Mio. EUR Umsatzerlöse, vorgeschlagen. Für den hierdurch deutlich vergrößerten Kreis der kleinen und mittleren Unternehmen von öffentlichem Interesse sollen dem Vorschlag folgend die weniger umfassenden LSME als Berichtsstandards gelten.

Weiterhin hat EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen im November 2024 die Durchführung eines s.g. Omnibus-Verfahrens vorgeschlagen. Der Vorschlag zielt darauf ab die Berichtspflichten der CSRD, der EU-Taxonomie, der CSDDD und ggf. der Offenlegungsverordnung zu synchronisieren und redundante Nachhaltigkeitsregularien zu bündeln, um die Komplexität und dem Gesamtumfang der bestehenden europäischen Nachhaltigkeitsgesetzgebung zu reduzieren und somit die Anwendbarkeit zu optimieren und Bürokratie abzubauen.

Welche unmittelbaren Rechtsfolgen ergeben sich für das aktuelle Berichtsjahr 2024?

Für das Berichtsjahr 2024 müssen Nicht-Finanzunternehmen in Deutschland weiterhin eine nichtfinanzielle Erklärung gemäß §289b des HGB veröffentlichen, sofern sie mehr als 500 Mitarbeitende im Jahresdurchschnitt aufweisen und als kapitalmarktorientiert gelten. Banken müssen unverändert eine nichtfinanzielle Erklärung veröffentlichen, sofern sie als handelsrechtlich großes CRR-Institut gelten und mehr als 500 Mitarbeitende im Jahresdurchschnitt aufweisen. Die nichtfinanzielle Erklärung darf für das Geschäftsjahr 2024 weiterhin als gesonderter Bericht außerhalb des Lageberichts veröffentlicht werden. Weiterhin obliegt die Prüfungspflicht dem Aufsichtsrat, wobei das Unternehmen die Prüfung auf freiwilliger Basis an einen externen Wirtschaftsprüfer übertragen kann. Das Prüfungsurteil ist in diesem Fall gemeinsam mit der nichtfinanziellen Erklärung bzw. dem nichtfinanziellen Bericht im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

 

Welche möglichen Rechtsfolgen bestehen aktuell für das Geschäftsjahr 2024 und wie können sich Kreditinstitute hierauf vorbereiten?

Das Institut für Wirtschaftsprüfer (IDW) hat am 18.12.2024 drei Optionen für die Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2024 aufgezeigt[2]:

  • Option 1: Erstellung der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung unter vollständiger Anwendung des ersten Satzes der ESRS als Rahmenwerk,
  • Option 2: Erstellung der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung unter nur teilweiser Anwendung des ersten Satzes der ESRS als Rahmenwerk,
  • Option 3: Erstellung der nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung ohne Anwendung des ersten Satzes der ESRS als Rahmenwerk.
     

Die ersten beiden Optionen halten an dem ESRS als Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung fest.

Die beiden größten deutschen genossenschaftlichen Verbände, der Genoverband e.V. und der Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), haben jeweils die Empfehlung an ihre Mitglieder ausgesprochen, sich intern weiterhin auf die Erfüllung der Berichtspflichten vorzubereiten. Dazu gehöre es auch Projektaktivitäten fortzuführen und die ESRS als freiwilliges Rahmenwerk für die nichtfinanzielle Berichterstattung anzuwenden. Weiterhin empfiehlt sich dringend die freiwillige Prüfung zur Unterstützung des Aufsichtsrats und zur Vorbereitung auf die Pflichtprüfung nach der CSRD. Hierbei bieten unser Kooperationspartner, der Genoverband e.V. und unsere AWADO GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft unverändert ihre umfassende Unterstützung für betroffene Institute an.

Letztlich muss vor dem Hintergrund der langjährig erarbeitenden und in vielen Entwürfen konsultierten nunmehr final verabschiedeten EU-Richtlinie „CSRD“ und des bereits laufenden Vertragsverletzungsverfahrens mit einer Umsetzung der neuen Berichtspflichten auch in Deutschland gerechnet werden.

Aufgeschoben ist eben nicht aufgehoben – dies kann auf Basis der dargelegten Argumentationskette für die CSRD geschlussfolgert werden. Unternehmen sollten hierauf bestmöglich vorbereitet sein.

[2] IDW (18.12.2024), „IDW veröffentlicht Fragen und Antworten zur verspäteten Umsetzung der CSRD“

 

Welche Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung gelten bei einer Überführung der CSRD in nationales Recht?

Sofern die CSRD in nationales Recht überführt wird, erweitert sich der Kreis der Unternehmen und Banken, die einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen. Nicht-Finanzunternehmen wären dann berichtspflichtig, sofern sie als großes Unternehmen gemäß §267 Abs. 3 HGB einzustufen sind. Als großes Unternehmen gilt ein Unternehmen, welches zwei der drei Größenkriterien des §267 Abs. 3 HGB in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschreitet. Zu diesen drei Größenkriterien zählen:

  • Eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. EUR
  • Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio. EUR
  • Eine Mitarbeiteranzahl von mehr als 250 im Jahresdurchschnitt
     

Wird die CSRD im Jahr 2025 in nationales Recht umgesetzt, ist davon auszugehen, dass Banken, die als große Unternehmen im vorgenannten Sinne gelten, Anfang 2026 einen CSRD-Bericht über das Geschäftsjahr 2025 veröffentlichen und prüfen lassen müssen. Eine Rückausnahme mit Aufschub bis zum Berichtsjahr 2026 gilt für s.g. SNCI. Nachhaltigkeitsberichte. Sie müssen dann gemäß den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erstellt werden.

 

Welche Auswirkungen hätte die Überführung der CSRD in nationales Recht im Jahr 2025 auf das Firmenkundengeschäft bei Banken?

Sofern sowohl die Bank als auch der Firmenkunde CSRD-berichtspflichtig sind, müssen die Darlehen und Kredite an Firmenkunden auf Taxonomiefähigkeit und Taxonomiekonformität hin überprüft werden. Diese Anforderung gilt sowohl für das Neugeschäft wie für das Bestandsgeschäft. Hierfür ist eine frühzeitige Identifikation der voraussichtlich CSRD-berichtspflichtigen Firmenkunden unabdingbar. Ebenso sind Schulungen zu den Anforderungen der EU-Taxonomie bei Banken für die Kreditbereiche Markt, Marktfolge sowie für Mitarbeitende im Meldewesen und im Nachhaltigkeitsmanagement empfehlenswert. Firmenkunden müssen (neben der Erfüllung ihrer etwaigen eigenen Taxonomie-Pflichten) entsprechende Informationen offenlegen, welche der Bank die Taxonomie-Prüfung und deren Dokumentation ermöglicht.

 

Fazit

Banken sollten das Jahr 2025 nutzen, um sich auf die anstehende Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD vorzubereiten. Dies kann bedeuten, dass Mitarbeiterkapazitäten auf- und ausgebaut werden und betroffene Unternehmensbereiche angemessen geschult werden müssen. Ebenso ist eine frühzeitige Identifikation der voraussichtlich CSRD-berichtspflichtigen Firmenkunden notwendig, um Prozesse im Firmenkundenbereich auf die Anforderungen der EU-Taxonomie anzupassen.

Die Zusammenarbeit mit unseren Berater*innen aus dem Spezialistenteam Sustainable Finance der AWADO GmbH WPG StBG kann Ihnen wertvolle Hilfestellung bieten, um die umfangreichen Anforderungen der Verordnungen zu verstehen und effizient umzusetzen. Durch unsere gezielte Beratung können Banken nicht nur ihr Nachhaltigkeitsmanagement gezielt aufbauen und verbessern, sondern auch Prozesse nachhaltig optimieren. Daneben steht Ihnen auch unser Netzwerkpartner, der Genoverband e.V., bei Fragen zur Verfügung.

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Christiane Bouten
Spezialistenteam Banken
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Dr. Christiane Bouten

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