08. August 2025
7 Min.

Energetische Sanierung – Aufwand oder Herstellungskosten vor dem Hintergrund von IDW RS IFA 1 n.F.

Bei der Investition in das Immobilienvermögen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die getätigten Investitionen im Rahmen der handelsrechtlichen Jahresabschlusserstellung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand zu behandeln sind. Mit der Neufassung der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDW RS IFA 1 n. F.) hat der Berufsstand auf die aktuellen Herausforderungen reagiert.

1. Hintergrund und Zielsetzung

Insbesondere vor dem Hintergrund der notwendigen Investitionen in die Klimaneutralität (die sich unter anderem im Bundes-Klimaschutzgesetz widerspiegeln und zunehmend Gegenstand im öffentlichen Diskurs sind), wird die Fragestellung in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Unternehmen mit einem ausgeprägten Immobilienportfolio stehen vor der Herausforderung, dass zukünftig erheblich Investitionen in das Portfolio notwendig werden könnten.

Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten ist für die handelsrechtliche Rechnungslegung von zentraler Bedeutung. Bei einer Behandlung als Herstellungskosten erfolgt eine erfolgsneutrale Aktivierung ohne Belastung des Jahresergebnisses im Jahr der Investition. Bei einer Behandlung als Erhaltungsaufwand ist hingegen eine ergebniswirksame Erfassung geboten, die in Abhängigkeit der Investitionssumme zu einer nennenswerten Belastung des Jahresergebnisses führen kann.

 

2. Gesetzliche Fallgruppen gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB als Aktivierungsvoraussetzung

Als Herstellungskosten sind handelsrechtlich gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB alle Aufwendungen zu aktivieren, die eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Herstellung eines Vermögensgegenstands (z.B. Neubau)

  • Erweiterung eines Vermögensgegenstands (z.B. Aufstockung und Anbau)

  • Wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstand, die über dessen ursprünglichen Zustand hinausgeht (z.B. deutliche Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes)

Alle Investitionen, die keine der oben genannten Voraussetzungen erfüllen, sind als Erhaltungsaufwand zu klassifizieren und somit vollständig ergebniswirksam zu behandeln. 

 
3. Wesentliche Änderungen

Im neu gefassten IDW RS IFA 1 n.F. sind zwei praxisrelevante Neuerungen zu den Abgrenzungskriterien enthalten:

1.) Aufdach-Photovoltaikanlagen

Vor der Neufassung galten Aufdach-Photovolatikanlagen generell als eigenständiger Vermögensgegenstand. Nunmehr kann die Installation einer Aufdach-Photovoltaikanlage auch als Erweiterung des Gebäudes angesehen werden, wenn die Anlage in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit diesem steht. Davon dürfte regelmäßig auszugehen sein, wenn 

Wir empfehlen eine frühzeitige Einbindung des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bei geplanten Baumaßnahmen

  • Pflichten zum Einbau bestehen oder
  • der erzeugte Strom (nahezu) ausschließlich in dem betreffenden Gebäude verbraucht wird
     

2.) Energetische Sanierung 

Zu einer wesentlichen Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus kann nach IDW RS IFA 1 n.F. auch die energetische Sanierung führen, wenn der Endenergiebedarf oder -verbrauch um mindestens 30 % gegenüber dem ursprünglichen Zustand gesenkt wird. Das entspricht bei Wohngebäuden einer Verbesserung der Energieeffizienzklasse des Gebäudes um mindestens zwei Stufen.

In der Praxis können sich jedoch insbesondere zur energetischen Sanierung weitere Detailfragen stellen, z.B. in Bezug auf die Ermittlung des „ursprünglichen Zustands“.

 

4. Auswirkungen auf die Praxis und Handlungsempfehlungen
  • Wir empfehlen eine frühzeitige Einbindung des Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bei geplanten Baumaßnahmen

  • Es sollte eine frühzeitige Dokumentation der Ausgangssituation und Zielsetzung der Maßnahme erfolgen. Detailfragen ergeben sich oftmals bei der Ermittlung des ursprünglichen Zustands.

  • Chancen zur Optimierung: Durch gezielte Planung von Maßnahmen kann die bilanzielle Auswirkung gesteuert werden.

     

Die neu gefasste IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz ( IDW RS IFA 1 n. F.) ist am 6.11.2024 vom Immobilienwirtschaftlichen Fachausschuss (IFA) verabschiedet und am 14.11.2024 vom Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) billigend zur Kenntnis genommen worden. IDW RS IFA 1 n. F. ist erstmals auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach 31.12.2025 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig.

 


 
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