18. September 2025
2-3 Min.

Die neue EU-Entwaldungsverordnung (EUDR): Was Unternehmen jetzt wissen und beachten müssen

Gesellschaftsrecht

Auf einen Blick

  • Anwendungsbeginn: Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR, VO (EU) 2023/1115) gilt ab dem 30.12.2025 für große Unternehmen, ab dem 30.06.2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen.

  • Pflichten: Unternehmen dürfen bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse (u.a. Holz, Soja, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Rinder) nur noch dann in der EU in Verkehr bringen, bereitstellen oder ausführen, wenn sie entwaldungsfrei sind, nach den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und eine Sorgfaltserklärung vorliegt.

  • Sorgfaltspflichten: Es sind umfangreiche Dokumentations-, Nachforschungs- und Risikobewertungspflichten zu erfüllen, die digital an die Behörden zu melden sind.

  • Sanktionen: Bei Verstößen drohen empfindliche Sanktionen, darunter Geldbußen von mindestens 4 % des Jahresumsatzes, Einziehung der Waren und Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.


Die EU hat mit der Verordnung (EU) 2023/1115 einen neuen, europaweit einheitlichen Rechtsrahmen geschaffen, um den Import, Export und das Inverkehrbringen von Rohstoffen und Erzeugnissen zu verhindern, die mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung stehen. Die Verordnung ist am 29.06.2023 in Kraft getreten und wird nach einer Übergangsfrist ab dem 30.12.2025 (bzw. 30.06.2026 für Kleinst- und Kleinunternehmen) verbindlich angewendet.

Betroffen sind Unternehmen, die mit den Rohstoffen Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz oder daraus hergestellten, in Anhang I der Verordnung gelisteten Erzeugnissen handeln. Die EUDR geht deutlich über die bisherige EU-Holzhandelsverordnung hinaus und erfasst nunmehr sämtliche Lieferketten, die zur Entwaldung beitragen können.

Die Verordnung verpflichtet Unternehmen, umfassende Sorgfaltspflichten zu erfüllen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte entwaldungsfrei sind, im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und eine Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) vorliegt. Die Einhaltung wird von den zuständigen Behörden, in Deutschland der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), kontrolliert.

Die Kernanforderungen der EUDR

Gemäß Artikel 3 der Verordnung dürfen relevante Rohstoffe und daraus hergestellte Erzeugnisse nur dann in Verkehr gebracht, auf dem Unionsmarkt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn drei kumulative Bedingungen erfüllt sind:

  • Entwaldungsfreiheit: Die Ware muss nachweislich aus Gebieten stammen, die seit dem Stichtag 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden. Dies bedeutet, dass keine Wälder in landwirtschaftlich genutzte Flächen umgewandelt wurden. Bei Holzprodukten ist zudem sicherzustellen, dass keine Waldschädigung (Umwandlung von Primär- oder Naturwäldern in Plantagenwälder) stattgefunden hat.

  • Rechtmäßigkeit der Erzeugung: Die Erzeugung der Ware muss im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt sein. Dies umfasst ein breites Spektrum an Gesetzen, darunter Landnutzungsrechte, Umweltschutz, forstbezogene Vorschriften, Rechte Dritter (insbesondere indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, einschließlich des Prinzips der freien, vorherigen und informierten Zustimmung – FPIC), Arbeitnehmerrechte sowie Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollvorschriften.

  • Sorgfaltserklärung: Für die Ware muss eine Sorgfaltserklärung vorliegen, die über ein zentrales Informationssystem der Kommission übermittelt wird.

Umfassende Sorgfaltspflichten für Marktteilnehmer

Die Verordnung fordert von den Marktteilnehmern (Unternehmen, die relevante Erzeugnisse erstmals in der EU in Verkehr bringen oder ausführen) umfangreiche Sorgfalts- und Nachforschungspflichten, die vollständig zu dokumentieren sind. Diese Pflichten umfassen drei wesentliche Säulen:

  1. Informationsanforderungen: Marktteilnehmer müssen detaillierte Informationen sammeln und für fünf Jahre aufbewahren. Dazu gehört eine genaue Beschreibung des Erzeugnisses und seiner Rohstoffe, die Menge, das Erzeugerland und – ein zentraler Punkt – die Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe erzeugt wurden. Bei Rindern bezieht sich dies auf alle Betriebe, in denen die Tiere gehalten wurden. Zudem sind schlüssige und überprüfbare Nachweise für die Entwaldungsfreiheit und die Einhaltung der lokalen Rechtsvorschriften zu erbringen.

  2. Risikobewertung: Auf Basis der gesammelten Informationen ist eine umfassende Risikobewertung durchzuführen. Hierbei sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen, wie die Risikozuordnung des Erzeugerlandes oder dessen Landesteile (geringes, normales, hohes Risiko), die Präsenz von Wäldern und indigenen Völkern im Erzeugergebiet, die Verbreitung von Entwaldung oder Waldschädigung, sowie Bedenken hinsichtlich Korruption, mangelnder Strafverfolgung oder Menschenrechtsverletzungen. Nur wenn die Risikobewertung ein vernachlässigbares Risiko ergibt, darf die Ware in Verkehr gebracht werden.

  3. Risikominderung: Sollte die Risikobewertung ein nicht vernachlässigbares Risiko aufzeigen, sind geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen, bevor die Ware in Verkehr gebracht wird. Dies kann die Anforderung zusätzlicher Informationen, die Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits sowie die Implementierung angemessener Strategien, Kontrollen und Verfahren zur Risikosteuerung umfassen. Für große Unternehmen ist hierbei grundsätzlich auch die Benennung eines Compliance-Beauftragten und eine unabhängige Prüfstelle vorgesehen.

Dieser gesamte Prozess muss dokumentiert und durch eine elektronisch über das Informationssystem der Kommission zu übermittelnde Sorgfaltserklärung ergänzt werden. Diese Informationen sind entlang der gesamten Lieferkette weiterzugeben.

Differenzierte Pflichten für KMU

Die Verordnung berücksichtigt die besondere Situation von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). KMU, die nicht die Erst-Inverkehrbringer sind (also als Händler agieren), unterliegen weniger strengen Anforderungen. Sie müssen lediglich Aufzeichnungen über ihre Lieferanten und Kunden führen und diese Informationen für mindestens fünf Jahre aufbewahren. Sie dürfen relevante Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann auf dem Markt bereitstellen, wenn sie die notwendige Referenznummer der Sorgfaltserklärung erhalten haben. Große Unternehmen haben hingegen die gleichen Pflichten wie die Erst-Inverkehrbringer.

Sanktionen und Durchsetzung

Verstöße gegen die EUDR können mit empfindlichen Sanktionen geahndet werden. Diese sollen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dazu gehören hohe Geldstrafen, die bei juristischen Personen bis zu 4 % des jährlichen unionsweiten Gesamtumsatzes betragen können, sowie die Einziehung der relevanten Erzeugnisse oder der daraus erzielten Einnahmen. Produkte, die den Vorgaben nicht entsprechen, können zudem öffentlich zurückgerufen, gespendet oder verwertet werden.

Die Kommission richtet ein zentrales Informationssystem ein, das die Registrierung von Marktteilnehmern und Händlern sowie die Erfassung und Übermittlung der Sorgfaltserklärungen ermöglicht. Dieses System dient auch der Unterstützung der Kontrollen durch die zuständigen Behörden.

Fazit

Die EUDR stellt für alle betroffenen Unternehmen eine erhebliche Herausforderung dar, bietet aber für Unternehmen auch die Chance, sich als verantwortungsbewusstes Unternehmen zu positionieren.

  • Frühzeitige Analyse der Lieferketten: Unternehmen sollten identifizieren, welche Ihrer Produkte und Rohstoffe unter die EUDR fallen und woher diese stammen.

  • Datenbeschaffung und -management: Beginn mit dem Aufbau von Systemen zur Erfassung der erforderlichen Geolokalisierungsdaten und Nachweise zur Entwaldungsfreiheit und Rechtmäßigkeit. Dies erfordert oft eine enge Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten.

  • Risikobewertung und -minderung: Implementierung Sie robuste Prozesse zur Bewertung und Minderung von Risiken in Ihrer Lieferkette.

  • Interne Prozesse und Verantwortlichkeiten: Anpassung der internen Compliance-Strukturen, gegebenenfalls Benennung Verantwortlicher und Mitarbeiterschulungen.

  • Vorbereitung der IT-Anbindung: Vorbereitung der IT für die Anbindung an das EU-Informationssystem, um Sorgfaltserklärungen rechtzeitig und korrekt einreichen zu können.
  • Nutzung verfügbarer Ressourcen: Die EU-Kommission und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) stellen FAQ-Kataloge und Leitliniendokumente bereit, die laufend aktualisiert werden. Die Nutzung dieser Hilfestellungen ist zu empfehlen.

Die EUDR ist ein Meilenstein für nachhaltige Lieferketten und wird die Marktbedingungen in der EU grundlegend verändern. Unternehmen, die sich rechtzeitig und umfassend vorbereiten, sichern sich nicht nur die Marktfähigkeit ihrer Produkte, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil im Bereich nachhaltiger Beschaffung.

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