18. September 2025
2-3 Min.

Der Betriebsrat besitzt ein Mitbestimmungsrecht bei der Einrichtung der Hinweisgeberstelle, unabhängig davon, ob diese intern oder extern organisiert wird

Aufsichtsrecht

Arbeitsrecht

Auf einen Blick

  • Der Betriebsrat hat bei der Ausgestaltung einer internen Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ein Mitbestimmungsrecht (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 08.07.2025 - 2 TaBV 16/24)
  • Dieses Mitbestimmungsrecht gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Meldestelle auf eine externe Kanzlei auslagert. 
  • Entscheidend ist, dass der Betriebsrat eingebunden wird, sobald durch die Einrichtung der Meldestelle das Ordnungs- und Konfliktverhalten der Beschäftigten berührt wird.


Sachverhalt

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein befasste sich mit der Frage, inwieweit ein Betriebsrat mitbestimmen kann, wenn ein Arbeitgeber nicht nur seiner Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz nachkommt, sondern diese Meldestelle auch noch an eine externe Anwaltskanzlei auslagert. Im konkreten Fall betrieb ein Unternehmen mit rund 230 Beschäftigten seine Meldestelle in Zusammenarbeit mit einer externen Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei. Mitarbeiter sollten Hinweise auf mögliche “Missstände” direkt an die Kanzlei senden können. Der Betriebsrat war an dieser Ausgestaltung jedoch nicht beteiligt worden und sah darin eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Nachdem das Arbeitsgericht Elmshorn den Antrag des Betriebsrats bestätigte, bestätigte auch das LAG Schleswig-Holstein in zweiter Instanz, dass die Auslagerung nach außen keinesfalls eine Mitbestimmungspflicht im Betrieb aushebeln dürfe.

Rechtliche Bewertung

Das Gericht stellte klar, dass das “Ob” der Einrichtung einer Meldestelle gesetzlich im HinSchG festgelegt ist und deshalb keiner Mitbestimmung unterliegt. Dennoch ist das “Wie” der Ausgestaltung sehr wohl mitbestimmungspflichtig, denn es betrifft das betriebliche Ordnungsverhalten der Belegschaft. Dazu gehört insbesondere die Frage, wie Meldungen technisch und organisatorisch entgegengenommen werden, welche Regelungen zur Vertraulichkeit gelten und wie der Verfahrensablauf außerhalb des Unternehmens ausgestaltet wird. Es spiele keine Rolle, ob das Meldesystem verpflichtend oder nur als “unverbindliches Angebot” an die Beschäftigten konzipiert wurde, solange es geeignet ist, das Verhalten im Betrieb zu beeinflussen. Insbesondere könne ein Arbeitgeber nicht durch Fremdvergabe an externe Dienstleister das Mitbestimmungsrecht mit Verweis auf diese “Unverbindlichkeit” umgehen. Etwas anderes würde eine vom Gesetz gerade nicht gewollte “Schutzlücke” entstehen lassen, weil auf diese Weise jegliche Ausgestaltung allein dem Arbeitgeber überlassen bliebe. Folglich muss bei der Entscheidung pro oder contra externe Meldestelle die betriebliche Mitbestimmung gewahrt bleiben, einschließlich der vertraglichen Festlegung der Pflichten des Dienstleisters und dessen Kommunikationswege mit dem Betriebsrat.

Fazit

Arbeitgeber, die eine interne Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz betreiben oder extern auslagern möchten, sollten nicht nur die gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf die Schutzmechanismen für Hinweisgeber beachten, sondern auch sicherstellen, dass der Betriebsrat in die Ausgestaltung eingebunden wird. Dies betrifft insbesondere die konkrete Umsetzung wie Meldewege, Datenschutz, Vertraulichkeitsklauseln und organisatorische Regelungen. Eine frühzeitige Abstimmung mit dem Betriebsrat reduziert das Risiko von gerichtlichen Auseinandersetzungen und gewährleistet, dass das Meldesystem rechtskonform und praxisnah eingerichtet werden kann.

Die konkrete Ausgestaltung von Hinweisgeberstellen wirft regelmäßig komplexe arbeitsrechtliche, aufsichtsrechtliche und datenschutzrechtliche Fragen auf. Zur Unterstützung bei der rechtskonformen Umsetzung und zur Wahrung der Mitbestimmungsrechte bietet die AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft rechtliche Beratung und praxisgerechte Umsetzungshilfen.

Ihre Ansprechpersonen

Dr. Jur. A. Dominik Brückel
AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft
Dr. Jur. A. Dominik Brückel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

+49 69 69783295

RA
E-Mail schreiben
Hendrik Schulte
AWADO Rechtsanwaltsgesellschaft
Hendrik Schulte

Rechtsanwalt

+49 251 71869624

RA
E-Mail schreiben