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Zinswende - Unternehmenswerte unter Druck?

18. April 2023

Die Europäische Zentralbank hat bereits vor einiger Zeit die Zinswende eingeleitet und in diesem Zuge schon mehrfach die Zinssätze angehoben – und das äußerst sprunghaft. Das bleibt nicht ohne Folgen, wie unser Experte Olaf Michaelis anmerkt.

Nach einer langen Phase fallender Zinsen zeigt sich der sprunghafte Zinsanstieg seit Anfang 2022 als einer der steilsten in der Geschichte. Das kann nicht ohne Folgen bleiben. Der Zusammenbruch der US-amerikanischen Silicon Valley Bank, die nach dem Rückzug von Investoren Staatsanleihen weit unterhalb des Kaufpreises veräußern musste, ist neben der Notfusion der Credit Suisse sicherlich eines der prominentesten Beispiele dieser Entwicklungen.
Mangelnde Liquidität musste dort durch Anleiheverkäufe ausgleichen werden, die Realisation von immensen Wertverlusten war die Folge.

Die Reaktion der Geldpolitik auf die inflationsgetriebene Teuerung wirkt sich aber auch auf die deutschen Unternehmen negativ aus und betrifft dort nicht nur die Banken, Lebensversicherer oder die Immobilienwirtschaft. Die hohen Teuerungsraten und die damit ausgelösten Entwicklungen auf den Kapitalmärkten können in Abhängigkeit von der Betroffenheit der einzelnen Unternehmen unterschiedlichen Auswirkungen auch auf die Bilanzierung und die Berichterstattung nach sich ziehen. Betroffen sind in den Bilanzen neben immateriellen Vermögenswerten, Sachanlagen, Vorräten und Rückstellungen insbesondere auch die Finanzanlagen.

Beim Finanzanlagevermögen ist bei einer dauerhaften Wertminderung analog zu immateriellen Vermögensgegenständen und zum Sachanlagevermögen nach den deutschen Rechnungslegungsvorschriften zwingend eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen. Bei einer lediglich vorübergehenden Wertminderung besteht hierzu ein Wahlrecht. Bei Finanzanlagen im Umlaufvermögen sind aufgrund des strengen Niederstwertprinzips hingegen stets Wertberichtigungen vorzunehmen. Für Anteile an verbundenen Unternehmen und Beteiligungen, die nicht öffentlich gehandelt werden, ist insbesondere für die Folgebilanzierung der sog. beizulegende Wert zu ermitteln. Häufig erfordert die Bewertungssystematik bei Anteilen an verbundenen Unternehmen und Beteiligungen hierzu eine Unternehmensbewertung, die nach IDW S 1 i. d. F. 2008 i. V. mit IDW RS HFA 10 vorzunehmen ist. Für eine solche Unternehmensbewertung kommen anerkannte Bewertungsverfahren, wie das Ertragswertverfahren oder das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) in Betracht.

Der aktuell zu verzeichnende abrupte Anstieg des Zinsniveaus wirkt sich bei den nach diesen Verfahren abzuleitenden Zukunftserfolgswerten spürbar auf die Höhe des Kapitalisierungszinssatzes aus, der sich bei Anwendung der Zinszuschlagsmethode aus einem risikolosen Basiszins und einer risikoadjustierten Marktrisikoprämie zusammensetzt.

Der üblicherweise unter Anwendung der Svensson-Methode abgeleitete risikolose Basiszinssatz stieg nach den vorliegenden Daten der Bundesbank zum 31.12.2022 auf 2,00 Prozent (31.12.2021: 0,10 Prozent) an. Zum 01.04.2023 war ein weiter Anstieg auf 2,25 Prozent zu verzeichnen. Aufgrund der anhaltenden Inflationserwartungen und die darauffolgenden Maßnahmen der Zentralbanken erscheint eine tendenziell weiter ansteigende Entwicklung des Basiszinssatzes wahrscheinlich. Die Auswirkungen sind zweifellos nicht trivial.

In der folgenden Beispielrechnung lässt sich leicht nachvollziehen, wie sich isoliert betrachtet die Änderung des Basiszinssatzes auf den Unternehmenswert auswirkt. So ließe sich nach dem Ertragswertverfahren zum 31.12.2021 unter Heranziehung des risikolosen Basiszinssatzes von 0,10 Prozent exemplarisch ein Ertragswert von 2,6 Mio. € ableiten. Mit dem Anstieg des Basiszinssatzes zum 31.03.2023 auf 2,25 Prozent würde dieser Wert auf 2,0 Mio. € sinken, wenn man unterstellt, dass alle anderen Prämissen unverändert blieben.

Die Marktrisikoprämie als weitere Komponente des Kapitalisierungszinssatzes hingegen beschreibt die Differenz der Gesamtmarktrendite und des risikolosen Zinssatzes und ist damit eine Residualgröße. Die Höhe der Marktrisikoprämie wird empirisch aus langfristig am Kapitalmarkt erzielten Aktienrenditen abgeleitet. Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW empfiehlt hierfür eine Bandbreite von 6,00 bis 8,00 Prozent (vor persönlicher Steuerbelastung), um zu einer Gesamtrendite von 7,0 bis 9,0 Prozent zu gelangen. Für die Ableitung der Marktrisikoprämie werden in der Praxis vergangenheitsorientierte Ermittlungen anhand historischer Aktienmarktrenditen und zukunftsorientierte Ermittlungen anhand impliziter Aktienmarktrenditen vorgenommen. In der von aktienrechtlichen Squeeze-Out-Verfahren geprägten Bewertungspraxis ist es zudem üblich, bei den genannten Bandbreiten auf den Mittelwert abzustellen. Für eine Unternehmensbewertung vor persönlichen Einkommensteuern ergäbe sich hieraus aktuell eine Marktrisikoprämie in Höhe von 7,00 Prozent. Es bleibt damit abzuwarten, inwiefern der FAUB seine Empfehlungen angesichts der aktuellen Marktentwicklungen in der nächsten Zeit anpassen wird.

Im Ergebnis kann sich unter Berücksichtigung des unternehmensindividuellen Betafaktors damit ein höherer Diskontierungssatz ergeben, was in der Folge zu sinkenden Ertrags- bzw. DCF-Werten führen kann. Wenn die Buchwerte aufgrund hoher Kaufpreise entsprechend hoch sind, steigt damit auch das Risiko von bilanziellen Wertminderungsbedarfs. Dieser könnte ggf. eine außerplanmäßige Abschreibung nach sich ziehen.

Neben den Auswirkungen auf den Diskontierungszinssatz können sich ferner als Folge von Inflation und gestiegenen Finanzierungskosten negative Auswirkungen auf die prognostizierten künftigen Ertragsüberschüsse bzw. Cashflows ergeben. Auch diese Faktoren sind bei den Bewertungen zugrundeliegenden Unternehmensplanungen angemessen zu berücksichtigen und führen überwiegend zu einer Belastung der Unternehmenswerte.

Nach den geltenden Bewertungsgrundsätzen sind Kapitalmarktdaten aber auch langfristig zu beurteilen. Insoweit ist Augenmerk darauf zu legen, dass kurzfristige Ausschläge und mögliche Übertreibungen auf den Kapitalmärkten nicht zwangsläufig als langfristiger Stimmungsindikator eingeschätzt werden. Denn auch in Krisenzeiten soll sich der Kapitalisierungszins an langfristigen Renditeerwartungen orientieren.

Die hohe Inflation und die steigenden Zinssätze haben im Ergebnis maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmenswerte. Die Auswirkungen der Einflüsse unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Grundsätzlich muss aber davon ausgegangen werden, dass die Unternehmenswerte aufgrund von steigenden Zinsen und sinkenden Ergebnisüberschüssen zurückgehen werden. Abschreibungsrisiken auf Beteiligungsansätze werden damit präsenter als in den vergangenen Jahren.

Die Erwartungen auch nach der letzten Zinsentscheidung der EZB im März 2023 sprechen dafür, dass die aktuelle Zinsentwicklung weiter anhält. Daraus können sich mit Blick auf die Bilanzen positive aber auch spürbar negative Effekte auf die Ergebnissituation der Unternehmen ergeben. Es ist zu empfehlen sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen und dort, wo es nötig wird ggf. Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Für Unterstützung stehen wir gerne zur Verfügung!

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Olaf Michaelis
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Valuation Analyst (CVA)

Ich freue mich auf eine E-Mail oder einen Anruf von Ihnen!
Olaf Michaelis
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