Aktuelles aus Ihrer Branche. Und aus unseren Teams.
Aktuelles aus Ihrer Branche. Und aus unseren Teams.

Kundenorientierte immaterielle Vermögenswerte in Bilanzen und ihre Bewertung

14. Oktober 2022

Immaterielle Werte haben sich bei vielen Unternehmen zum entscheidenden Werttreiber entwickelt. Die in engen Grenzen möglichen restriktiven Bilanzierungsmöglichkeiten gehen allerdings mit hohen Anforderungen an die Bewertung einher.

Immaterielle Vermögenswerte spielen insbesondere bei technologiegetriebenen und dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen eine wichtige Rolle. „Darunter können beispielsweise Kundenbeziehungen, Human-, Innovations- oder auch Strukturkapital erfasst werden. Nicht selten stellen Werte des Kundenstamms, der Marke und von Technologien bei serviceorientierten Unternehmen essentielle Faktoren des Unternehmenserfolgs dar. Allerdings finden diese verschiedenen Formen des Wissenskapitals nur unter bestimmten Voraussetzungen Eingang in die Unternehmensbilanzen.

So gewährt das deutsche Handelsbilanzrecht unter bestimmten Voraussetzungen ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie z. B. Softwareentwicklungen oder Eigenentwicklungen für neue Produkte und Verfahren (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB). Hingegen unterliegen selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände, wozu auch Kundenbeziehungen zählen, explizit einem Aktivierungsverbot. Das betrifft damit in der Regel immaterielle Vermögensgegenstände mit Vertriebscharakter, deren Herstellungskosten nicht eindeutig von den Aufwendungen für die Entwicklung des Unternehmens in seiner Gesamtheit abgegrenzt werden können. Eine unterbliebene Bilanzierung kann bei einzelnen Unternehmen daher durchaus zu einem eingeschränkt den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild der Vermögens- und Ertragslage führen, da wesentliche Bestandteile des Unternehmenswertes nicht bilanziert werden.

Die dem originären Firmenwert zuzuordnenden nicht aktivierungsfähigen immateriellen Vermögensgegenstände werden zumindest aber dann aktivierungsfähig, wenn sie einzeln erworben oder im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen übernommen werden. Bei M&A-Transaktionen kommt es somit beispielsweise im Konzernabschluss zum Ansatz aller übernommenen und verlässlich bewertbaren immateriellen Vermögensgegenstände, unabhängig davon, ob es sich um einen Asset Deal (Kauf einzelner Vermögensgegenstände) oder Share Deal (Anteilskauf) handelt. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin herauszufinden, welche immateriellen Vermögensgegenstände mit welchem Wert separat vom Goodwill ansatzfähig sind. Die Komplexität der Identifikation und der Bewertung der immateriellen Vermögenswerte hat am Ende direkten Einfluss auf die Höhe des Goodwills.

Unter den immateriellen Vermögenswerten bilden kundenorientierte Vermögenswerte, also immaterielle Werte, die sich aus der Beziehung eines Unternehmens zu den Abnehmern seiner Produkte und Dienstleistungen ergeben (z.B. Kundenlisten, Auftragsbestände bzw. Fertigungsverträge oder Kundenverträge und damit verbundene Kundenbeziehungen), eine eigene Klasse. Zu deren Bewertung stehen mit marktpreisorientierten Verfahren, barwertorientierten bzw. kapitalwert-orientierten Verfahren und dem kostenorientierten Verfahren grundsätzlich drei unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Verfügung. In der Bewertungspraxis stehen dabei die barwertorientierten Verfahren im Vordergrund. Für kundenorientierte immaterielle Werte kommt innerhalb der kapitalwertorientierten Verfahren regelmäßig die Residualwertmethode zur Anwendung.

Die Residualwertmethode unterstellt, dass der Bilanzierende ausschließlich das Eigentum an dem zu bewertenden kundenorientierten Vermögenswert besitzt und dass für die übrigen Vermögenswerte, die von einem Dritten fiktiv gemietet oder geleast werden, Nutzungsentgelte zu entrichten sind. Ziel ist es hierbei, den Barwert der ausschließlich durch den zu bewertenden Vermögenswert generierten Cashflows herzuleiten. Mit Blick auf die Verfügbarkeit von Daten liegt hier auch der Vorteil der Residualwertmethode. Das betriebliche Rechnungswesen nimmt in der Regel Kundenerfolgsrechnungen vor, so dass damit zumindest eine verlässliche Ausgangsbasis für die Anwendung dieser Methode vorliegt. Bei der Bestimmung einer angemessenen Verzinsung auf das investierte Kapital für die unterstützenden Vermögenswerte sind risikoadäquate Kapitalkosten heranzuziehen. Zudem ist für die Wertableitung abzuwägen, ob und in welcher Höhe die Berücksichtigung eines abschreibungsbedingten Steuervorteils angemessen ist.

Alle Bewertungsmethoden setzen gleichermaßen die intensive Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, seinem Geschäftsmodell und dem Marktumfeld voraus. Auch die Bestimmung der Nutzungsdauer des immateriellen Vermögenswerts hat eine erhebliche Wertrelevanz.

Für die Bilanzierenden besteht bei Unternehmenserwerben und damit verbundenen Kaufpreisallokationen, Bewertungen und Angaben im Anhang keine Alternative dazu, sich mit den dargestellten technischen Schwierigkeiten und den komplexen Bewertungsmodellen auseinanderzusetzen. Sprechen Sie uns gerne an, wir unterstützen Sie bei dieser Herausforderung!

Sie möchten mehr erfahren?

 

Jede gute Zusammenarbeit beginnt mit einem guten Gespräch. Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf – wir nehmen uns gerne Zeit für Ihr Anliegen. 

Oder suchen Sie einen Austausch zu einem anderen Thema? Dann hinterlassen Sie uns doch direkt eine Nachricht. Wir melden uns umgehend bei Ihnen.

Olaf Michaelis
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Valuation Analyst (CVA)

Ich freue mich auf eine E-Mail oder einen Anruf von Ihnen!
Olaf Michaelis
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Valuation Analyst (CVA)

Ich freue mich auf eine E-Mail oder einen Anruf von Ihnen!