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Die Energiekrise aus Sicht des operationellen Risiko- und Notfallmanagements

5. September 2022

Besonders für energieintensive Unternehmen könnte der nahende Herbst und Winter zur wahren Belastungsprobe werden. Wie sollte sich die deutsche Wirtschaft gegenüber steigender Strom- und Gaspreise rüsten?

In Folge des Ukraine-Krieges steigen die Energiepreise für Gas und Öl. Insbesondere das Erdgas wird teurer, weil Deutschland viel davon aus Russland bezieht. Wie sollten Banken, Genossenschaften und sonstige Unternehmen mit dieser besonderen Herausforderung umgehen? Das haben wir unseren Experten Tino Nielsen, Teamleiter Spezialistenteam IT/Bankenanwendungsverfahren), mit Blick auf das operationelle Risikomanagement sowie Notfallmanagement gefragt. 

Herr Nielsen, der Ukraine-Krieg stellt auch mit Blick auf die Energieversorgung in Deutschland eine herausfordernde Situation dar. Mit welchen Konsequenzen ist für die genossenschaftlichen Kreditinstitute zu rechnen? 

Um es auf den Punkt zu bringen: Im Zweifelsfall wird ihnen der Gashahn abgedreht …

Warum? Können Sie das konkretisieren? 

Bisher hat der Staat zwar noch nicht in den Gasmarkt eingegriffen, aber die Bundesregierung hat zur Bewältigung der Energiekrise, die derzeit vornehmlich noch Auswirkungen auf die Gasversorgung haben wird, bereits den dreistufigen Notfallplan Gas aktiviert.

Die Frühwarnstufe wurde am 30. März 2022 ausgerufen. Mit der allerdings am 23. Juni 2022 ausgerufenen Alarmstufe hat die Bundesregierung die Möglichkeit, vorsorgliche Maßnahmen zu ergreifen, um die erhebliche Verschlechterung der Gasversorgungslage zu verbessern oder zu stabilisieren. Hierzu zählt z. B. die Reaktivierung von alten Kohlemeilern. Grundsätzlich reguliert der Markt die Lage jedoch unverändert selbst. Abgesehen von der Weitergabe von Preiserhöhungen sind bisher keine Auswirkungen auf unsere Kreditinstitute zu erwarten.

In der Notfallstufe ist der Eingriff durch nicht-marktbasierte Maßnahmen vorgesehen – der Staat greift also ein, um die Gasversorgung geschützter Kunden sicherzustellen. Zu den geschützten Kunden zählen private Haushalte, soziale Einrichtungen und zur Wärmeversorgung erforderliche Gas-Kraftwerke. Kreditinstitute hingegen nicht. Und auch Betreiber von Rechenzentren wie die Atruvia AG zählen nicht hierzu.

Welche Geschäftsbereiche können hiervon betroffen sein? 

Auf den ersten Blick bestehen in einem Kreditinstitut mit Blick auf die Gasversorgung keine direkten Abhängigkeiten. Im Herbst oder Winter sind jedoch die Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie einzuhalten. Diese schreibt bei leichten Arbeiten im Sitzen eine Mindesttemperatur von 20 Grad Celsius vor. In einem Kreditinstitut sind damit in der Regel alle Geschäftsbereiche betroffen.

Darüber hinaus sind indirekte Auswirkungen zu beachten. Die Zweitrundeneffekte wie Kurzarbeit, Transformationsrisiken oder der Wegfall des Geschäftsmodells, treffen in der Regel die Kunden der Bank und können langfristig zu steigenden Kreditrisiken führen. Da Gas in Deutschland jedoch auch zur Produktion von Strom genutzt wird, können Versorgungsengpässe jedoch auch hier Auswirkungen haben.

Das heißt auch der Strom könnte in diesem Winter knapp werden … 

Dass Gas- und Stromverknappung zusammentreffen, wird immer realistischer, ist aber keinesfalls gewiss. Wenn nun aber eine Gas- und Stromverknappung zur gleichen Zeit zusammenkommen, wird neben der bereits erwähnten Auswirkung auf die Mitarbeiter womöglich die Alarm-, Schließ- und Überwachungstechnik nicht mehr mit Strom versorgt. Habe ich mich als Finanzinstitut nicht frühzeitig mit dieser Bedrohung befasst, haben die örtlichen Sicherheitsdienste womöglich keine freien Kapazitäten mehr und meine physischen Archive, Bargeldbestände oder auch ganz einfach gesprochen die Büroausstattung sind nicht oder nicht mehr ausreichend geschützt.

Sind die Genossenschaften bereits gut auf derartige Situationen vorbereitet? Oder wie sollten sich die Häuser in Sachen Notfallmanagement besser rüsten? 

Unsere Genossenschaften sind sehr unterschiedlich aufgestellt. In der Folge gibt es nicht die eine und für alle Genossenschaften universell anwendbare Lösung. Nehmen wir das Beispiel Gas: Während eine stabile Gasversorgung für eine milchverarbeitende Genossenschaft u.a. zur Haltbarmachung von Milch offensichtlich von hoher Bedeutung ist, ist ein Finanzinstitut auf den ersten Blick wohl weniger anfällig und hat die Auswirkungen ggf. nicht ausreichend bewertet.

Wichtig ist Folgendes: Jede Genossenschaft muss ihr eigenes Geschäftsmodell betrachten, ihre Unternehmenswerte und Prozesse identifizieren, bewerten und feststellen, ob diese ausreichend für den Ausfall der Gasversorgung geschützt sind. Sind sogenannte zeitkritische Geschäftsprozesse betroffen, benötigen Kreditinstitute u.a. einen expliziten Notfallplan.

In Anbetracht der zu erwartenden Langfristigkeit des Themas: Gehen Sie davon aus, dass Energiesicherheit zukünftig auch stärker in den Fokus der Aufsicht rücken wird? 

Bereits heute müssen Unternehmen der kritischen Infrastruktur, zu der aufgrund ihrer Größe auch einzelne Kreditinstitute zählen, besondere Vorkehrungen treffen, damit die Versorgungssicherheit z.B. im Zahlungsverkehr gewahrt ist. Inwieweit der Ukraine-Krieg und die damit einhergehend veränderte Bewertung der Energiesicherheit zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs und Verschärfung der Regelungen führen oder etwaige Bemühungen vorangetrieben werden, ist nicht bekannt.

Gesichert ist hingegen, dass die BaFin in ihren letzten Sonderprüfungen nach § 44 KWG vermehrt das Notfall- und IT-Notfallmanagement betrachtet hat und Feststellungen trifft. Diese Erkenntnis wird auch dadurch gestützt, dass die letzte Überarbeitung der regulatorischen Grundlagen – zu nennen sind die MaRisk- und BAIT-Novellen aus dem August 2021 – zu deutlich konkreteren Anforderungen in diesen Bereichen führte.

Und wie kann die AWADO hierbei unterstützen? 

Wir bieten mit der AWADO vielfältige Leistungen an. Um einen Status quo zu erheben, unterstützen wir z. B. bei der Durchführung eines Self-Assessments oder von Szenario-Analysen im Bereich der operationellen Risiken; hierbei lassen sich die IT-Risiken als Teil der operationellen Risiken betrachten. Mitunter sollte den besonderen Anforderungen an das Notfallmanagement und den IT-Betrieb im Generellen auch in separaten Analysen betrachtet werden.

Des Weiteren können wir anhand von interview- oder dokumentenbasierten Prüfungen die Umsetzung des Notfallmanagements einer Genossenschaft bewerten. Um in den Genossenschaften das notwendige Fachwissen aufzubauen oder den Fokus zu schärfen, bieten wir gemeinsam mit der GenoAkademie Webinare und Fortbildungs- veranstaltungen an, in denen wir einerseits Grundlagen zum Notfallmanagement oder andererseits auch das notwendige Werkzeug zur Umsetzung der Anforderungen vermitteln.

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